Nach den Themen „Tiermedizin in den Medien“ (2021) und „Tiere beweg(t)en Geschichte“ (2023) fand am 7. November 2025 im ECC Berlin die erste Fachtagung mit Schwerpunkt „Geschichte des Tierschutzes“ statt. Diese inter- und transdiziplinär angelegte 23. Jahrestagung der DVG-Fachgruppe ´Geschichte´ verfolgte das Ziel, einen Einblick in die historische Genese der Tierschutzidee und der Tierschutzbewegung in Verbindung mit und in Abhängigkeit von politischen, gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen zu vermitteln. Auch eingedenk der Tatsache, dass eine nur eintägige Veranstaltung dieser komplexen Thematik nicht im Mindesten gerecht werden konnte, ist das geplante Konzept doch aufgegangen und ein Startpunkt für weitere Forschungen markiert.

Einflussfaktoren auf die Entwicklung der Tierschutzbewegung im 19. Jahrhundert waren 1. der schrittweise Wandel der bäuerlichen zur agrarindustriellen Tierwirtschaft, 2. der steigende Bedarf an Versuchstieren in allen Bereichen der experimentellen Forschung, 3. die Urbanisierung der Bevölkerung in Verbindung mit einem Verlust an Erfahrung mit (Nutz)Tieren, und 4. die Zunahme der Heimtierhaltung in den expandierenden Städten. Gesetzliche Bestimmungen zum Tierschutz bauten auf historisch gewachsenen und i. d. R. länderspezifischen Strukturen aus vielen Bereichen auf: Religion, Philosophie, Ethik, Recht, Tiermedizin, Soziologie, Psychologie, (Land)Wirtschaft, Politik.

Tierschutz (animal protection), Tierrechte (animal rights) und Tierwohl (animal welfare) sind drei der brisanten Begriffe, über deren korrekte Anwendung und praktikable Umsetzung von den verschiedensten Interessengruppen diskutiert und in den sozialen Medien gepostet wird. Offenkundig ist, dass heute ein jeder, der beruflich oder privat irgendetwas mit Tieren oder mit Tierprodukten zu tun hat, auch mit Fragen des Tierschutzes konfrontiert wird. Und dies nicht nur entlang der Lebensmittelkette, sondern insbesondere auch im Bereich der Heim- und Hobbytierhaltung, in dem „die tierschutzrelevante Problemliste der psychosozialen Tierverwertung (´Tierliebe´) … besonders zu hinterfragen“ ist, wie es im Aufruf zu dieser Tagung formuliert wurde.

Aus diesen Blickwinkeln heraus öffnete sich in 18 Vorträgen und 2 Postern ein breites Themenspektrum. Nach dem Einführungsreferat (Johann Schäffer) folgten in fünf Sitzungen spannende Vorträge namhafter Autorinnen und Autoren überwiegend aus Deutschland, aber auch aus dem Ausland, so aus Slowenien (Andrej Pengov), der Türkei (Savaş Volkan Genç) und aus Südkorea (Myung-Sun Chun). Dabei kamen Vertreter nicht nur aus den Naturwissenschaften / der Tiermedizin zu Wort wie Achim Gruber (Krankzüchtung von Kleintieren), Thomas Blaha (40 Jahre TVT) oder Nicole Kemper (Klimawandel). Es waren vor allem Vertreter aus geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen wie Peter Kunzmann (Tierschutzethik), Michael K. Schulz (Tierquälerei), Jan Mohnhaupt (NS-Zeit) oder Barbara Wittmann (Intensivtierhaltung), die der Tagung Couleur gaben. Für die erkrankte Psychologin Andrea Betz sprang spontan Hildegard Jung aus München ein und referierte zu dem immer wichtiger werdenden Thema „Tierschutz in Tiergestützten Interventionen“. Eine Übersicht über die behandelten Themen bietet der von der DVG veröffentlichte Begleitband mit den Abstracts der Vorträge (ISBN: 978-3-86345-767-9).

Zu guter Letzt danke ich allen Mitwirkenden sehr herzlich für das Gelingen dieser doch wohl außergewöhnlichen Veterinärgeschichtstagung. – Ein Anfang zur weiteren Erforschung der „Geschichte des Tierschutzes“ ist zumindest gemacht.

Johann Schäffer
Leiter der DVG-Fachgruppe ´Geschichte´

P.S.: Im Anschluss an die Tagung fand ab 18:45 Uhr eine Mitgliederversammlung der DVG-Fachgruppe ´Geschichte´ statt, zu der fristgerecht inkl. Tagesordnung von der Geschäftsstelle in Gießen eingeladen worden war. Nach Feststellung der Regularien und einem Kurzbericht zur Lage und Arbeit der Fachgruppe wurden Wahlen zum Fachgruppenvorstand durchgeführt (§ 3.2 der GO vom 15.11.2019).

In ihren Ämtern bestätigt wurden Univ.-Prof. (i. R.) Dr. Dr. Johann Schäffer als Leiter sowie Dr. Michael Schimanski und Dr. Melanie Schweizer als Stellvertreter / in. Als ein weiterer Stellvertreter neu gewählt wurde Dr. Siegfried Graf aus München. Mit ihm bringt zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder ein tierärztlicher Praktiker seine Expertise in der Leitung der Fachgruppe ein.

Der bisherige Stellvertreter Priv.-Doz. Dr. habil. Martin Fritz Brumme MA wurde „in Würdigung, Anerkennung und Wertschätzung seiner herausragenden Verdienste um die Erforschung der Kulturgeschichte der Tiermedizin und um die Förderung der DVG-Fachgruppe „Geschichte der Veterinärmedizin“ zum Ehrenvorsitzenden der Fachgruppe gewählt. – Alle Wahlen erfolgten einstimmig.