Am Clevertor in Hannover

„Gefangenhaus“ und Roß-Arzney-Schule

von

Matthias Blazek, Lindenring 32, D-29352 Adelheidsdorf, blazek2007@t-online.de

Das Gefangenhaus (x) und die Cleverthor-Wache (y) auf dem „Plan der Königlich Churfürstlichen Residenz-Stadt Hannover“ aus dem Jahr 1800. Im Plan oben (Nr. 1) die Gebäude der Veterinärschule, direkt unter der linken 1 das erste, 1778 bezogene Gebäude der Roß-Arzney-Schule, rechts die Reitbahn (s), die Reithalle (r) und die Stallungen (q) des kgl. Marstalls. (Foto: Matthias Blazek)

Im Jahr 1650 wurde das Clevertor am Nordrand der Langen Straße in Hannover errichtet. Man nannte es zunächst „Brühler Tor“, widmete es aber dann um, als der Bäcker Heinrich Cleve das Alter von 100 Jahren überschritt. 1780 wurde das Tor abgebrochen und im Jahr darauf auf der anderen Seite der Leine wieder aufgebaut (heute Arbeitsamt). Das Giebeldreieck der zugehörigen Clevertorwache von 1790, 1885 abgebrochen, befindet sich heute im Eingangsbereich des Arbeitsamts. Das Clevertor wurde 1859 endgültig abgerissen.

Im Stadtarchiv Hannover befindet sich noch eine Mappe mit dem Titel „Situation des Cleverthores vor der Demolition“ (Mappe VII. 23). Wilhelm Lohmann schreibt in seinem „Geschichts-Abriß und topographisches Gemälde der königlichen Haupt- und Residenz-Stadt Hannover“ (1818, S. 66):

„Das Clever Thor, in ältern Zeiten Brueler Thor genannt, weil es nach dem sogenannten Bruel führte, erhielt seinen jetzigen Namen von einem sehr alten reichen Bäcker, Namens Cleve, der an demselben wohnte und wurde da, wo es jetzt steht, im J. 1650 errichtet. In neuern Zeiten, nach Entfestigung der Stadt, wurde außer der schönen massiven statt der vorherigen Aufzugs-Brücke, auch die schöne neue Wache i. J. 1791. hier erbauet. – Aus diesem Thore geht die Hauptpassage nach Herrenhausen und über Neustadt und Nienburg nach Osnabrück und den übrigen westphäl. Provinzen, wie auch nach Bremen.“
„Brühler Thor führete nach dem vor der Stadt belegenen Brühl, welches einen wüste liegenden Ort bezeichnet; jetzt Cleverthor, also benannt von einem daselbst wohnhaft gewesenen Bäcker, Namens Heinrich Cleve, welcher über 100 Jahre alt geworden“, wusste zuvor der Kommandeur der westfälischen Krone Christian Ludwig Albrecht Patje 1817 zu berichten („Wie war Hannover?“, S. 93).[nbsp]

Mit 26 Schülern begann der Oberhofrossarzt Johann Adam Kersting (1727-1784) im Sommer 1778 in einem ungenutzten Gebäude einer Militärbäckerei am Clevertor den Unterricht an der „Roß-Arzney-Schule“ (der heutigen Tierärztlichen Hochschule Hannover). Aus der Zeit um 1830 datiert eine kolorierte Lithographie von Fr. Aug. Schmidt, die das Militärlazarett vor dem Clevertor zeigt. Sie ist abgedruckt in den Hannoverschen Geschichtsblättern Neue Folge, Band 13/1960.

Prominente Inhaftierte waren Oberjägermeister v. Moltke, dessen Fluchtversuch missglückte, der Advokat Friedrich Weinhagen aus Hildesheim (drei Monate Untersuchungshaft), der Schauspiel-Directeur Gustav Friedrich Wilhelm Großmann und der Hamburgische Schriftsteller J. H. Chr. Gittermann, der am 7. März 1852 von Bremen zum „Gefangenhaus am Clever Thor“ verlegt und dort für acht Wochen inhaftiert wurde. [Quelle: Hans Schröder, Lexikon der Hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart, 1854, S. 500.]

Bereits der Schriftsteller Heinrich Christian Boie und Luise Mejer sprachen in ihrem bekannten Briefwechsel der Jahre 1777-85 von dem hannoverschen Gefängnis, das am Clevertor lag.

1799 wurde im Clevertorgefängnis jemand vor Zuschauern gefoltert.

Mittels Fallschwert wurde dort der Dienstknecht Friedrich August Dieckröger am 14. Oktober 1862 vom Leben zum Tode gebracht. Damals lautete die genaue Bezeichnung „Clevertor-Gefangenhaus“. [Quelle: Stadtarchiv Celle L10 831]

Dieser Beitrag ergänzt die Seiten 43 und 44 der Publikation auf dieser Homepage „So geht´s lang … Straßen, Plätze, Wege und Tore der TiHo Hannover“ (Hrsg. Johann Schäffer 2007).

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